Pre-HTX

Wird die Herzschwaeche ausgepraegter sollte die Entscheidung fuer ein Herzunterstuetzungssystem, einer optimalen konservativen Therapie (Entresto, Resynchronisationsschrittmacher, optimale Klappenversorgung) oder einer Herztransplantation getroffen werden. Aufgrund der verschiedenen Bedingungen ist eine freie Auswahl nicht immer moeglich. So koennen Patienten ueber 65 nicht mehr transplantiert werden, wohl aber ein Herzunterstuetzungssystem erhalten.

Faellt die Entscheidung auf die Herztransplantation, sollte man sich in einem der ca. 20 Transplantationszentren informieren und gegebenfalls in einem zweiten Zentrum eine Zweitmeinung einholen. Ich empfehle, sich an eines der groesseren, erfahrenen Zentren zu wenden Auch eine laengere Anfahrt sollte in Kauf genommen werden. Es macht auch Sinn sich bei einer Selbsthilfegruppe zu erkundigen. Diese vermittelt sicherlich auf Wunsch einen Herztransplantierten der Fragen aus Patientensicht beantworten kann.

Ein wichtiges Kriterium bei der Wahl des Transplantationszentrums ist die Operationsmethode. Meist bietet jedes Zentrum nur eine Methode an. Da sich die Technik gelegentlich aendert, gilt es sich unbedingt hierueber zu informieren.

Vermutlich wird die klassische biatriale Methode nach Lower und Shumway fuer die Transplantation am haeufigsten genutzt (Oeyenhausen). Bei der Operation werden Anteile der Vorhöfe erhalten und mit den passend geschnittenen Vorhöfen des Spenderherzens vernäht. Der Vorteil liegt im Erhalt der großen, zuführenden Gefäße. Allerdings wird das Herz wie eine Paprika quer durch die Vorhoefe geteilt. Dadurch verbleibt ein Teil des eigenen Herzens, die Vorhöfe weisen meist eine anormale Größe auf und die Leitungssysteme werden durch den Schnitt teilweise beeintrachtigt. Ausserdem sind Herzrhythmusstoerungen durch die Narbe des Vorhofschnitts wahrscheinlicher.

Seit den 90er Jahren findet zunehmend die bicavale Methode Anwendung (Duesseldorf): Links erfolgt die Verbindung im Bereich des Vorhofes, der rechte Vorhof des Spenderherzens hingegen bleibt intakt. Bei dieser Technik dauert die Operation etwas länger, es ist jedoch eine bessere Rechtsherzfunktion gewährleistet. Weil die Größenverhältnisse von Spenderorgan und Empfängerorgan nie exakt übereinstimmen, kann eine Naht innerhalb des Vorhofes anatomische Verziehungen bewirken, die zu einer Trikuspidalisinsuffizienz führen. Auch bei mir ist der Vorhof um das doppelte vergroessert.

Die anatomisch und funktionell beste Möglichkeit ist die von Dreyfuss 1991 eingeführte bicaval-bipulmonalvenöse Implantationstechnik (Heidelberg), bei der auch der linke Vorhof des Spenderherzens weitgehend erhalten bleibt, indem die beiden Einmündungsstellen der Pulmonalvenenpaare fächerförmig ausgeschnitten werden.

Ein wichtiger Faktor bei der Wahl es Transplantationszentrums ist die Unterbringung in Einzelzimmern. Wenn man monatelang die Klinik nicht verlassen darf, man die gesamte Anspannung der bevorstehenden Transplantation verarbeitet und der Zimmergenosse nicht die gleiche Wellenlaenge hat, kann es zu massiven Konflikten kommen. Meist reichen schon Kleinigkeiten wie Raumtemperatur, ein unterschiedlicher Schlafrythmus oder ein anderer Humor aus. Daher bieten einige Zentren Einzelzimmer ohne weitere Aufschlaege an.

Steht das Transplantationszentrum fest, sollte man sich fuer die Aufnahme auf die HTx-Liste bemuehen. Hierzu werden diverse international standardisierte Untersuchungen durchgefuehrt, um die verbliebene Leistungsfaehigkeit des Herzens zu beurteilen. Es wird geprüft, ob alle alternativen Therapien ausgeschoepft sind. Ausschlussgruende sind u.a. Tumore, Organschaeden, Rauchen, Alkohol- und Drogenmissbrauch, Diabetes und Lebensalter ueber 65. Es wird zudem medizisch geprueft, ob der Patient die Transplantation ueberstehen wird. Einige HTx-Zentren ueberpruefen auch die Compliance des Patienten, d.h. ob er sich an die Verhaltensvorgaben halten wird.

Zur Vermeidung von Abstossungen sollten die HLA-Merkmale weitestgehend uebereinstimmen. Dies sind Gewebsmerkmale auf den weißen Blutzellen, Blutplättchen und Gewebszellen. Ausserdem sollten keine Entzuendungen im Koerper sein. Entzuendungen und Bakterien im Mundraum gefaehrden die Transplantation. Daher muessen die Zaehne komplett saniert sein. Schliesslich sollte die Blutgruppe uebereinstimmen.

Wenn alle Kriterien erfuellt sind, entscheidet ein Gremium, ob der Patient in die HTX-Liste aufgenommen wird. Nun heisst es warten, aber nur in ganz seltenen Faellen kommt ein Angebot von der zentralen Vergabestelle in Leiden. Dafuer gibt es einfach zu wenig Herzen und zu viele Anwaerter. Aktuell werden in Deutschland ca. 350 Herzen pro Jahr bei knapp 700 Anwaertern transplantiert.

Nun muss der Organempfaenger nur noch einen relativ ueberischtlichen Zeitraum ueberleben bis ein Herz angeboten wird. Das kann Tage, aber auch Monate dauern. Manche Menschen schaffen auch diese relativ kurze Wartezeit nicht mehr.

Trotz aller Vorbereitungen sterben 14 % der Herztransplantierten innerhalb des ersten Jahres, entweder durch eine hyperakute Abstossung auf dem OP-Tisch, einer akuten Abstossung auf der Intensivstation, aber auch aufgrund aller Komplikationen, die mit grossen Herzoperationen einhergehen. Im zeitlichen Verlauf sind die haeufigsten Todesursachen im ersten Jahr Infektionen und Abstossungen. Aufgrund der Sterbequote empfiehlt es sich, vor der Transplantation eine Patientenverfuegung und ein Testament zu machen. Man findet hierzu reichlich kostenlose Unterlagen und Vordrucke im Internet. Trotzdem , die Lebensqualität ist nach HTx meist nicht so schlecht: Über 90 % der Patienten sind auch im Langzeitverlauf gar nicht oder nur gering eingeschränkt.

Die Wartezeit muss im Krankenhaus verbracht werden. Innerhalb weniger Stunden kann das Herz zur Verfuegung stehen und muss dann unmittelbar implantiert werden. Da ist keine Zeit mehr fuer lange Anfahrten. Ausserdem ist man zu geschwaecht und luftnoetig, dass man auf die Unterstuetzung des Krankenhauses angewiesen ist.

Zur Vorbereitung auf die Operation sollte man sich sofern moeglich trotz Herzschwaeche koerperlich betaetigen und moeglichst nicht die ganze Zeit im Bett liegen, z.B. Spazieren gehen oder Nordic-Walking, Krafttraining oder Ergometer. Je fitter man in die Operation geht, umso besser uebersteht man diese.

Auch etwas Uebergewicht kann nicht schaden. Zum einen benoetigt der Heilprozess nach der Operation eine Menge Energie, zum anderen bewirken die Immunsuppressiva in den ersten Wochen eine Geschmacksveraenderung, so dass viele Dinge nicht mehr richtig schmecken und der Appetit nachlaesst. Insgesamt ist mit einem Gewichtsverlust von ca. 10 kg zu rechnen.

Nach der Transplantation sind Impfungen aufgrund der Immunsuppression nicht oder nur teilweise moeglich. Daher sollte im Vorfeld geimpft werden. Die in Frage kommenden Impfungen sollten in einer Impfberatung festgelegt werden. Sind Reisen geplant kommen weitere Impfungen hinzu, die meist selber bezahlt werden muessen. Wenn kein Impfschutz besteht, sollten folgende Impfungen mindestens durchgefuehrt werden: Hepatitis A und B, Tetanus, Diphtherie, Pneumokokken, Haemophilus influenzae, jaehrliche Grippeschutzimpfung, Mumps, Masern, Röteln, Varizella – Zoster – Virus, Kinderlaehmung, Corona.

Weiterhin sollte der D3-Spiegel ueberprueft werden und gegebenenfalls D3 eingenommen werden (der Spiegel sollte zwischen 30 und 40 liegen). Aufgrund der Cortisoneinnahme ist die Osteoporosegefahr sehr hoch, insbesondere im ersten halben Jahr der Kortisoneinnahme findet ein Grossteil des Calciumverlustes statt. Dem kann mit D3 entgegengewirkt werden.

Fuer einen laengernen Krankenhausaufenthalt empfehle ich die Mitnahme einiger zusaetzlicher Gegenstaende. Hierzu gehoert ein eigenes digitales Fieberthermometer von Braun, einen Schlafanzug mit Knopfleiste, der das Anziehen, auch wenn Elektroden und Schlaeuche am Koeper befestigt sind, erleichtert. Ebenso hilft eine Fleecejacke mit Reissverschluss und dicke Socken, fuer den Fall, dass man friert, was nach grossen Operationen haeufig vorkommt. Ein Paar Schlappen mit Klettverschluss sind insbesondere hilfreich, wenn die Fuesse aufgrund von Wassereinlagerungen anschwellen. Fuer Rasuren nach der Transplantation sollte sich ein Elektrorasierer in der Kulturtasche befinden. Ein Tablet oder Laptop laesst die langen Zeiten in der Klinik etwas kurzweiiger werden. Ein Smartphone mit Ladegeraet stellt den Kontakt zur Aussenwelt her. Desweiteren sollte man etwas Papier und einen Stift einstecken, damit man sich Notitzen machen und Fragen an die Aerzte aufschreiben kann. Salz, Pfeffer und andere Gewuerze koennen die meist fade gewuerzte Krankenhauskueche etwas aufpeppen.

Zu guter Letzt: Ein Pychotherapeut, der vor und nach der HTx zur Seite steht ist sehr hilfreich und wird haeufig unterschaetzt. Dies gilt auch fuer die Angehoerigen und insbesondere den Partner. Ebenso sinnvoll ist es sich mit dem Anästhesisten auf ein Delir vorzubereiten. Dieses kann direkt nach dem Erwachen aus der Narkose auftreten, innerhalb der ersten Stunden nach der Operation oder erst einige Tage später. Typische Symptome sind Phasen von Desorientierung, Verwirrtheit, körperlicher Unruhe, Wahnvorstellungen und Halluzinationen. Gegebnenfalls diskutiert man mit dem Arzt, ob man Medikamente gegen Delir vor der HTx Operation einnimmt. Diese stehen aber nicht immer zur Verfuegung bzw. werden nicht angeboten.